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Verwirkung von Unterhaltsansprüchen

Judith Weidemann

Ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann grundsätzlich schon vor Eintritt der Verjährung verwirkt sein.

Unterhaltsansprüche können selbst während der Hemmung der Verjährung nach § 207 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bei Ansprüchen eines Kindes gegenüber seinen Eltern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres der Verwirkung unterliegen.
Dies hat der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 31.01.2018 (Aktenzeichen: XII ZB 133/17) entschieden. In dem Fall, der der Entscheidung zugrunde lag, hatte ein Kind seinen Vater im Juli 2011 zur Auskunftserteilung über dessen Einkommen und zur Zahlung von Unterhalt aufgefordert. Der Kindesvater erteilte daraufhin die Auskunft, errechnete seine Unterhaltsverpflichtung und forderte den Sohn zur Bestätigung des Betrages auf. Als der Sohn nicht reagierte, zahlte der Kindesvater drei Monate lang Unterhalt. Erst im August 2013 bezifferte der Sohn seinen monatlichen Unterhaltsanspruch und machte rückständigen Kindesunterhalt für die Zeit von Juli 2011 bis August 2013 gegenüber seinem Vater geltend.
Als dieser die Unterhaltsforderung zurückwies, wandte sich der Sohn an das Amtsgericht, das den Kindesvater zur Zahlung der Unterhaltsrückstände verpflichtete. Das anschließend vom Kindesvater aufgerufene Oberlandesgericht entschied hingegen, dass die Unterhaltsansprüche verwirkt sind. Der Bundesgerichtshof, der zuletzt zu entscheiden hatte, lehnte eine Verwirkung ab. Er führte hierzu aus, dass nicht geltend gemachte Unterhaltsansprüche zwar grundsätzlich auch schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung der Verjährung nach § 207 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein könnten.
Allerdings lägen die Voraussetzungen einer Verwirkung im vorliegenden Fall nicht vor. Eine Verwirkung von Ansprüchen, auch von Unterhaltsansprüchen, kommt nur dann in Betracht, wenn der Berechtigte ein Recht längere Zeit nicht geltend macht (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich aufgrund des Verhaltens des Berechtigten darauf eingerichtet hat und sich auch darauf einrichten durfte, dass dieser sein Recht auch in Zukunft nicht mehr geltend machen werde (Umstandsmoment). Vorliegend sei zwar das Zeitmoment der Verwirkung erfüllt, weil die Rückstände Zeitabschnitte betreffen, die mehr als ein Jahr zurückliegen. Allerdings fehle es am Umstandsmoment der Verwirkung.
Das Verhalten des Sohnes habe dem Vater keine Veranlassung dafür gegeben, darauf zu vertrauen, dass der Sohn die Unterhaltsansprüche zukünftig nicht mehr geltend machen werde, zum Beispiel, weil er seinen Rechtsstandpunkt aufgegeben habe. Lediglich das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung reiche für das Umstandsmoment der Verwirkung nicht aus.

Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann aus Potsdam, zugleich Fachanwältin für Familienrecht

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