Ehevertrag bei Unternehmerehe
Wird ein Vertragspartner beim Zustandekommen eines Ehevertrages benachteiligt und sind dabei Kernbereiche der Scheidungsfolgen, wie Unterhalt und Versorgungsausgleich, betroffen, kann der Ehevertrag sittenwidrig und damit unwirksam sein.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 15.03.2017 – XII ZB 109/16 – über einen solchen Fall entschieden.
Die Ehegatten heirateten 1993. Im November 1995 wurde die gemeinsame Tochter geboren. Im Dezember 1995 schlossen die Ehegatten einen Ehevertrag mit Erbverzicht. Darin war ein weitreichender Unterhaltsverzicht, ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich und den Zugewinnausgleich enthalten. Der Ehemann war Gesellschafter eines Familienunternehmens. Er unterhielt 45 % der Geschäftsanteile. Die Ehefrau hatte den Beruf der Bürokauffrau erlernt und übte diesen Beruf bis zur Eheschließung aus. Später arbeitete sie dann einige Jahre als Sekretärin im Familienunternehmen des Ehemannes. 1997 erkrankte die Ehefrau an einer Multiplen Sklerose. Im Jahr 2011 trennten sich die Ehegatten.
Das vorbefasste Oberlandesgericht Bamberg (OLG) führte den Versorgungsausgleich durch und verpflichtete den Ehemann zu Unterhaltszahlungen. Wegen des Ausspruchs zum Unterhalt ließ das OLG die Rechtsbeschwerde zum BGH zu.
Der BGH stellte zunächst fest, dass von dem Ehevertrag Kernbereiche der Scheidungsfolgen betroffen sind, nämlich der nacheheliche Unterhalt wegen der Betreuung gemeinsamer Kinder und wegen Krankheit, der Altersvorsorgeunterhalt sowie der Versorgungsausgleich. Der Ausschluss dieser einzelnen Scheidungsfolgen führe für sich genommen nicht zur Sittenwidrigkeit des Vertrages.
Vielmehr begründe das Hinzutreten einer objektiv unangemessenen Benachteiligung der Ehefrau eine Sittenwidrigkeit im Sinne des § 138 BGB.
Der BGH spricht in seinen Entscheidungsgründen von einer einseitigen Dominanz des Ehemannes. Die Ehefrau war in die Verhandlungen des Ehevertrages nicht eingebunden. Der Ehemann hatte den Vertrag aufsetzen lassen. Die Ehefrau hatte vor und während der Beurkundung nicht einmal ein Vertragsexemplar erhalten, dass sie hätte durchlesen können. Beim Notartermin war das gerade einmal 4 Wochen alte Baby der Ehegatten dabei, weshalb die Ehefrau den Termin schnell hinter sich bringen wollte.
Diese gesamte Konstellation habe auf der wirtschaftlichen und sozialen Überlegenheit des Ehemannes beruht.
Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht
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