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Der Kindergeldbezug im Wechselmodell

Judith Weidemann

Das Wechselmodell, also die zeitlich gleichwertige Betreuung von Kindern durch deren getrennt lebende Eltern hat nun auch in Deutschland erheblich an Bedeutung gewonnen.

Das hat auch Auswirkungen auf den Kindesunterhaltsanspruch und unter Umständen auch auf den Bezug von Kindergeld.

Das Brandenburgische Oberlandesgericht (OLG) hat am 29.09.2019 – 9 WF 248/19 – über einen Fall entschieden, in dem die Eltern darüber stritten, wer im Rahmen des Wechselmodells berechtigt ist, das staatliche Kindergeld zu beziehen.

In dem zu entscheidenden Fall betreuten die Eltern ihr Kind im Wechselmodell. Der Kindesvater bezog das staatliche Kindergeld. Dagegen wollte die Kindesmutter vorgehen und beantragte, ihr Verfahrenskostenhilfe für das so beabsichtigte Verfahren zu bewilligen.

Dem erteilte das OLG eine Absage.
Eine (die Auszahlung beeinflussende) Aufteilung des Kindergeldes – beispielsweise im Sinne von 50 % für jeden Elternteil – ist unzulässig.
Da die Eltern das Kind im Wechselmodell betreuten, gilt das Kind als in den Haushalt jedes der beiden Elternteile aufgenommen, § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG. Das hat der Bundesfinanzhof bereits im Jahr 2005 entschieden.
Da die Kindesmutter nun die Auszahlung des Kindergeldes an sich selbst verlangte, ist nicht (mehr) von einer übereinstimmenden Bestimmung des Bezugsberechtigten auszugehen, weshalb die gerichtliche Bestimmung nach § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG zu erfolgen hat.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass sich die Bezugsberechtigung dann nach dem Kindeswohl richtet. Bieten bei gemeinsamer elterlicher Sorge und Betreuung des Kindes in einem paritätischen Wechselmodell beide Elternteile gleichermaßen die Gewähr, das Kindergeld zum Wohle des Kindes zu verwenden, besteht kein Anlass für eine Änderung der bestehenden Bezugsberechtigung (sog. Kontinuität des Kindergeldbezuges). Melderechtliche Umstände, der Schulort oder auch unterhaltsrechtliche Fragen (z.B. ob beide Elternteile leistungsfähig sind) stehen der Kontinuität nicht entgegen.

Danach habe es grundsätzlich bei dem Zustand zu verbleiben, der bis zur Aufnahme des Wechselmodells bzw. jedenfalls bis zum Entstehen des Streits über die Kindergeldbezugsberechtigung bestand. Da zuvor der Antragsgegner das Kindergeld bezogen hat, habe es auch dabei zu verbleiben.
Es existiere auch kein Grundsatz, dass der wirtschaftlich schwächere Elternteil das Kindergeld erhalten solle. Der finanzielle Ausgleich zwischen den Eltern aufgrund eventueller wertmäßiger Unterschiede bei der Erbringung von Leistungen für das Kind sei zudem allein Sache des Unterhaltsrechts.

Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht

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