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Ausbildungsunterhalt

Judith Weidemann

Die Eltern schulden ihrem Kind grundsätzlich nur die Kosten einer Ausbildung zum Beruf. Angemessen ist eine Berufsausbildung, die der Begabung und den Fähigkeiten des Kindes, seinem Leistungswillen und seinen beachtenswerten Neigungen am besten entspricht und deren Finanzierung sich in den Grenzen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Eltern hält.

Das Risiko, nach der Ausbildung keine Beschäftigung zu finden, also ohne Einkünfte zu sein, trägt das Kind selbst, so das Oberlandesgericht Hamm in seiner Entscheidung vom 15.05.2018 – 7 UF 18/18.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Tochter eines Ehepaares hatte sich entschieden, Bühnentänzerin zu werden. Sie hatte nach der mittleren Reife die Schule verlassen und an einer Hochschule erfolgreich den Studiengang Tanz abgeschlossen. Nach dem Abschluss dieser Ausbildung fand sie jedoch keine Anstellung als Tänzerin. Deswegen ging sie wieder zur Schule und machte das Abitur und nahm im Anschluss ein Psychologiestudium auf. Für dieses Studium erhielt sie BAföG-Leistungen.
Das Land als Zahler der BaföG-Leistungen verlangte diese von den Eltern erstattet. Es war der Auffassung, dass die Eltern ihrer Tochter für das Studium – die 2. Ausbildung – Unterhalt schuldeten.

Das Oberlandesgericht Hamm entschied jedoch, dass die Eltern für das Hochschulstudium ihrer Tochter keinen Ausbildungsunterhalt zu zahlen haben, weshalb sie auch dem Land keine BaföG-Leistungen zu erstatten haben.
Die Eltern hätten ihrer Tochter bereits die Erstausbildung zur Bühnentänzerin finanziert. Weiteren Ausbildungsunterhalt schuldeten sie nicht. Das spätere Studium der Psychologie sei keine Weiterbildung, die im Zusammenhang mit der ersten Ausbildung stehe. Die Tochter habe bei der Aufnahme ihrer Tanzausbildung auch keinen weiteren Besuch der allgemeinbildenden Schule mit anschließendem Studium angestrebt. Es sei zudem nicht zu erkennen, dass die Ausbildung zur Bühnentänzerin den damaligen Neigungen und Fähigkeiten und der Begabung der Tochter nicht entsprochen habe. Sie habe immer Ballett getanzt. Die Ausbildung habe sie erfolgreich abgeschlossen. Dass sie später keine Anstellung als Tänzerin gefunden habe, beruhe auf einer verschlechterten Arbeitsmarktsituation. Deswegen sei für sie erkennbar geworden, dass Bewerbungen im Bühnentanzberuf aussichtslos gewesen seien.

Ein derartiges Risiko der Nichtbeschäftigung ihres Kindes nach Abschluss der geschuldeten Erstausbildung, dass sich im vorliegenden Fall verwirklicht habe, hätten unterhaltsverpflichtete Eltern grundsätzlich nicht zu tragen. Ihnen falle das allgemeine Arbeitsplatzrisiko nicht zur Last. Vielmehr müsse ein Volljähriger, der nach Abschluss seiner Ausbildung arbeitslos sei, primär selbst für seinen Unterhalt sorgen und jede Arbeitsstelle annehmen, auch außerhalb des erlernten Berufs. Das gelte auch, wenn im erlernten Beruf tatsächlich keine Verdienstmöglichkeit mehr bestünde.

Autorin des Beitrags ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht

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