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Verletzung der Aufsichtspflicht II

Judith Weidemann

Nachdem an dieser Stelle zuletzt die Rechtslage zum unbeaufsichtigten Radfahren minderjähriger Kinder erörtert worden ist, soll im Folgenden dargestellt werden, wie es sich verhält, wenn ein Kind unter Aufsicht im öffentlichen Verkehrsraum Fahrrad fährt.

Zunächst ist hier grundsätzlich festzuhalten, dass kleine Kinder, die noch nicht sicher Fahrrad fahren können und die Verkehrsregeln nicht beherrschen stets zu beaufsichtigen sind, wenn sie mit dem Rad im öffentlichen Verkehrsraum unterwegs sind.

Allerdings können dem Kind grundsätzlich pädagogisch vertretbare Freiräume gewährt werden, in denen es sich entwickeln und lernen kann, im Straßenverkehr mit dem Fahrrad sicherer zu werden. So hat beispielsweise das Landgericht Stendal in seinem Urteil vom 22.09.2008 23 O 515/07 festgestellt, dass der Aufsichtspflicht im Bezug auf ein 4 jähriges Kind, dass war noch nicht lange, aber doch bereits ohne Stützräder Fahrrad fahren kann, genüge getan ist, wenn man das Kind an einem Ort mit sehr wenig Verkehrsaufkommen in Sicht und Rufweite beaufsichtigt.

In dem zu entscheidenden Fall hatte ein 4 jähriges Kind auf einem Klinikgelände im Beisein zweier Aufsichtspersonen einen entgegenkommenden Fußgänger angefahren.

In einem anderen Fall hat das Amtsgericht München in seinem Urteil vom 30.07.2009 –331 C 5627/09- ebenfalls einen, gegen die Eltern eines 7 jährigen Kindes geltend gemachten, Schadensersatzanspruchs wegen Verletzung der Aufsichtspflicht abgewiesen. Hier war ein 7 jähriges Kind, welches von den Eltern beim Radfahren begleitet worden ist, gegen ein ordnungs- und verkehrswidrig auf dem Bürgersteig geparktes Auto gefahren.

Das Amtsgericht hatte hier festgestellt, dass es bei schulpflichtigen Kindern ohnehin keiner ständigen Aufsicht mehr bedürfe. Die Eltern, die das Kind dennoch begleitet haben, hätten es aber auch nicht zum Absteigen vor dem verkehrswidrig parkenden Fahrzeug anhalten müssen. Nach Ansicht des Gerichts trage das von einem rechtswidrig abgestellten Fahrzeug ausgehende Risiko ohnehin in erster Linie der Parkende und nicht der Passant.

Verfasserin des Artikels ist Rechtsanwältin Judith Weidemann, zugleich Fachanwältin für Familienrecht

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